Im Gegensatz zum Kölner Dom war Antwerpens gotische Hauptkirche bereits vor etwa 500 Jahren weitgehend fertig, einschließlich des 123 m hohen nördlichen Westturms. Das Hauptschiff wurde von nicht weniger als 6 Seitenschiffen flankiert. Diese waren notwendig, damit alle Zünfte und Bruderschaften einen Altar in der Hauptkirche errichten konnten: insgesamt etwa 57 Altäre. Aber sie wollten expandieren, und zwar kein bisschen. Die Gilden wollten ihre Macht demonstrieren und der deutsche Kaiser wollte sich mit imposanter Architektur mit seinen europäischen Pendants messen. 1521 kam Karl V. selbst nach Antwerpen, um den Grundstein für den größenwahnsinnigen „Niewerck“ zu legen. Um den Chor und die Kreuzkapellen erweitern zu können, wurden bereits eine Außenmauer und Fundamente mit Pfeilern errichtet, die schon 5 bis 8 Meter über Straßenniveau reichten. Jüngste archäologische Forschungen haben den folgenden Grundriss der künftig größten Kirche nördlich der Alpen hervorgebracht.
Diese Säulen sind auf dem berühmten Stadtplan von Bononiensis deutlich sichtbar, so wie die Miethäuschen die gegen Außenmauer und Pfeiler gebaut wurden zur Finanzierung der Kirche. Aus den Häusern sind inzwischen kleinen Läden und Restaurants geworden.
Collectie Stad Antwerpen, Museum Plantin-Moretus
Aber leider war es das. Wie bei so vielen gotischen Kirchen war das Kirchenschiff noch nicht mit einem Steingewölbe versehen. Es wurde nur mit einer hölzernen Dachkonstruktion abgeschlossen. Der Dachstuhl fing 1533 Feuer und Sie können sich vorstellen, was passiert ist. Das Geld für den Ausbau musste für die Reparatur und das Steingewölbe verwendet werden und die neuen Arbeiten kamen nie.
So entstand zwischen der neuen und der alten Kontur des Chores – dort, wo einst eine Großbaustelle war – ein Garten. Viele Antwerpener und Passanten kennen diesen versteckten Stadtgarten nicht. Aber wer genau auf das Straßenmuster und die Häuser auf der Ostseite des Chorgangs achtet, erkennt, dass da „etwas“ sein muss. Mit einer Luftaufnahme des Doms sieht man ihn jedoch sofort. Nur sporadisch wird der Domgarten geöffnet. Zum Glück hatte ich bei meinem letzten Besuch meine Kamera dabei.
Chor und südlicher Querschiff der Liebfrauenkathedrale, aus dem Garten fotografiert (roter' Standpunkt auf dem Luftbild)
PS: Ich habe mal eine Gruppe von „Freunden des Kölner Doms“ begleitet, die mit der ehemaligen Kölner Dombaumeisterin die Antwerpener Kirchen besuchten. Nach der Reise nach Antwerpen würde Frau Professor nach Paris reisen, um die deutsche Hilfe für die abgebrannte Notre-Dame zu koordinieren. Ich vermute, dass Deutschland diese Hilfe im Rahmen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages angeboten hat. Ich frage mich, ob die internationale Gemeinschaft im Falle einer Katastrophe in Antwerpen genauso solidarisch mit der Antwerpener Notre-Dame sein wird wie mit ihrer Pariser Schwester. Ich vermute dass man in Paris gar nicht weiß das es eine ikonische und wunderschöne Notre-Dame in Antwerpen gibt. Sie wurde von meinem Freund Napoleon gerettet. Die Französische Revolutionäre hatten die Kunstwerke bereits gestohlen und wollten dann die Kirche abreißen lassen, um sie als Baumaterial zu verkaufen. Bonaparte hat unsere Kathedrale für so schön gehalten, dass er sie davor bewahrt hat, von denselben Franzosen zerstört zu werden? Cocorico ruft der Hahn in Paris.
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